May 2021 11 205 Report
Mein Sohn sitzt seit Jahren nur noch vorm PC. Was tun?

Es ist ziemlich kompliziert. Ich weiß nicht, wie ich mit meinem älteren Sohn umgehen soll. Er ist 20, also eigentlich alt genug, um sein Leben selbst auf die Reihe zu bekommen, aber er sitzt den ganzen Tag nur vor dem Computer. Er meint ständig unbedingt etwas an seiner Homepage programmieren zu müssen, irgendwelchen ominösen Internet-Bekanntschaften am anderen Ende der Welt (die er natürlich nie persönlich gesehen hat) etwas zu schicken oder sich stundenlang mit ihnen in Chats zu unterhalten (bevorzugt mitten in der Nacht, denn dort wo sie wohnen ist ja dann Tag) oder "ganz wichtige" Computerprogramme schreiben zu müssen. Essen und Trinken holt er sich auf sein Zimmer, ansonsten verläßt er sein Zimmer nie freiwillig.

Die Schule hat er abgebrochen (vorher hat er schon ständig geschwänzt) und seitdem ist eigentlich nichts passiert. Freunde hat er nicht - er bezeichnet seine Internet-Bekanntschaften als "Freunde", aber in Wirklichkeit habe ich noch nie jemanden gesehen, mit dem er sich überhaupt nur unterhalten hat. Seiner Meinung nach gibt es in Deutschland nur Idioten und die einzigen fünf gescheiten Menschen auf der Erde wären eben überall verteilt. Eine Freundin hatte er meines Wissens auch noch nie. Ich habe ihm nahezu täglich gesagt, er soll sich um Arbeit bemühen - ob als Hilfsarbeiter oder ob er sich zumindest mal erkundigt, ob er doch noch einen Schulabschluß nachmachen kann - ich möchte eigentlich nur, daß er überhaupt etwas macht. Passiert ist nichts, ich bekam nur jeden Tag eine andere Ausrede: es gäbe keine "gescheiten" Jobangebote, er hätte noch keine Zeit gehabt sich alles anzugucken, er wüßte nicht wie man eine Bewerbung schreibt, er wüßte nicht wo das Arbeitsamt ist, er hätte kein Papier zum Schreiben von Bewerbungen, sein Toner wäre leer, er wüßte nicht wie man telefoniert, er könnte die Bushaltestelle nicht finden, er hätte kein Geld mehr um zum Arbeitsamt zu fahren, der Bus wäre zu voll gewesen um mitzufahren, er hätte keine Briefmarken / Briefumschläge u.s.w. Natürlich will er auch nur einen Job, wo er alleine arbeiten kann, nichts mit Menschen zu tun hat und auch mit mit niemandem sprechen muß. (Was auch immer das für ein Job sein soll, das weiß er wohl selbst nicht.)

Als er die Musterung zur Bundeswehr bekommen hat, habe ich ihn gefragt, ob er zur Bundeswehr will (als Kind hat er immer gesagt, er macht Zivildienst) oder ob er sich langsam mal über die Kriegsdienst-Verweigerung informiert, aber auch das schien ihm egal zu sein. Zumindest habe ich zunächst nichts mitbekommen und mir gedacht, wenn er sich nicht darum kümmert, muß er eben mit den Folgen leben. Erst im Nachhinein ist herausgekommen, daß er (wohl während meiner Arbeitszeit) zum Psychiater gegangen ist, einen auf doof gemacht hat und mit dem Attest dann ausgemustert wurde. (Da wußte er anscheinend auf einmal ganz genau, wie man einen Termin macht, wie man dort hinkommt und irgendetwas muß er dem Psychiater ja auch erzählt haben - er wird ihm ja nicht die ganze Zeit schweigend gegenübergesessen haben, wie er es sonst immer macht.) Eine vernünftige Erklärung habe ich nicht bekommen. Frauen könnten da ohnehin nicht mitreden und wenn wir zur Bundeswehr müßten, würden wir es auch so machen und Männer wären sowieso von Natur aus bekloppt und könnten ihm gar nichts erzählen.

Ich habe ihm gesagt, daß er sich ja nun intensiv um Arbeit bemühen kann, da das geklärt ist. Natürlich ist noch immer nichts geschehen und alles wie gehabt. Wenn man ihm Geld gibt - ausdrücklich für Bewerbungen - wird es für alles mögliche ausgegeben, nur nicht dafür, wofür es vorgesehen war. Er kann natürlich nichts dafür. Schuld ist der Laden, der noch so viele andere Sachen führt und ihm diese vor die Nase stellt. Briefumschläge und Briefmarken verwendet man auch lieber dazu, seinen angeblichen "Freunden" in Kanada, Australien oder sonstwo - Hauptsache möglichst weit weg - zu schreiben. Ich weiß nicht mehr, was ich noch machen soll! Es ist ja nicht so, daß mein Sohn wirklich zu dumm wäre eine Bewerbung zu schreiben und ich würde ihm ja auch helfen, aber offensichtlich will er das gar nicht. Was kann ich noch machen, damit er endlich einsieht, daß er nicht das ganze Leben vor dem Computer verbringen kann und es wichtigere Dinge gibt, um die er sich selbst bemühen muß? Mir geht es nicht ums Geld, sondern erst mal darum, daß er überhaupt "im Leben ankommt".


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