Bekanntlich bedeutet Nietzsches "amor fati" Liebe zum Schicksal. Aber wie ist dies praktisch zu interpretieren? Zwei Beispiele:
1. Person A, ein ehemals gesunder Leistungssportler, ist nun von der Hüfte abwärts gelähmt. Er akzeptiert dieses Schicksal und geht zu den Paralympics. Dort gewinnt er Auszeichnungen durch seinen Leistungswillen. In den Nachrichten wird man sagen, dass er gegen sein Schicksal rebelliert hat- obwohl er eigentlich schlichtweg nur "das beste aus seiner Situation" machte.
2. Person B, ein ehemals gesunder Leistungssportler, ist nun von der Hüfte abwärts gelähmt. Er akzeptiert, dass er keinen Leistungssport mehr betreiben kann und sieht es als "Fügung des Schicksals", dass er sich nun endlich um seine neunjährige Tochter kümmern kann. Er akzeptiert sein Schicksal und sieht es als "Willen einer höheren Macht"
Was entspricht nun eher der "amor fati"? Das Beste aus seiner Situation machen und sein Ziel weiter verfolgen oder sich vielmehr andere Optionen durchgehen?
Update:Nietzsches "Übermensch* versucht doch gerade durch die amor fati das Schicksal und somit die Gesellschaft (so paradox es klingt) zu überwinden. Warum sollte das Sarkasmus sein?
Update 3:Außerdem verfehlst du einen wichtigen Punkt: Nietzsches amor fati ist genau das Gegenteil von unterwerfung!!!
Copyright © 2024 Q2A.MX - All rights reserved.
Answers & Comments
Verified answer
Sorry, aber wer nach einer "richtigen Interpretation" sucht, ist gerade in philosophischen Themen vollkommen deplaziert Sapere aude.
Im amor fati, der den Weg findet aus dem Strom bloÃen Werdens in die Geschicklichkeit der gegenwärtig erfüllten Existenz, er ergreift im Werden das Sein.
Im amor fati trifft das scheinbar Unvereinbare zusammen: die gespannte Aktivität des Verwirklichens dessen, was noch nicht ist und das liebende Hinnehmen dessen, was geschieht. Aber der begriffliche Ausdruck dieser Einheit kann nur in Paradoxien gelingen. Die verstandsmäÃige Scheidung macht bloà scheinbar begreiflich, indem der eigentliche Sinn verfehlt wird. Sie erreicht die Tiefe des amor fati noch nicht der Satz: „Bevor das Schicksal uns trifft, soll man es fühlen,,,, hat es uns aber getroffen, so soll man es zu lieben suchen.“ (12,323);
Ist so die alle bestimmte Kategorie transzendierende eigentliche Notwendigkeit des Fatums sichtbar geworden, dann ist ihr gegenüber der von Nietzsche ständig wiederholte und nur so gemeinte amor fati möglich: 2Das Notwendige nicht bloà ertragen, noch weniger verhehlen aller Idealismus ist Verlogenheit vor dem Notwendigen - , was es lieben….“ (15,48). „Ja! Ich will nur das noch lieben, was notwendig ist. Ja! Ich will nur das noch, was notwendig ist! Ja! Amor fati sei meine letzte Liebe!“ (12.141). „Ich will immer mehr lernen, das Notwendige an den Dingen als das Schöne sehen…amor fati: das sei von nun an meine Liebe!“ (5, 209). Was Nietzsche zunächst nur will, wird er bald als sein Wesen aussprechen: „Das Notwendige verletzt mich nicht; amor fati ist meine innerste Natur“ (8, 115).
Die erreichte Wesenshaltung ist dieselbe, die als das Ja der ewigen Wiederkehr erschien: „Höchster Zustand, den ein Philosoph erreichen kann: dionysisch zum Dasein stehen - : meine Formel dafür ist amor fati“ (16, 383). Wenn Nietzsche in seiner Lehre die „Vollendung des Fatalismus“ (13,75) sieht, so ist dieser also keineswegs der Zwang, wie er in der Kategorie der Notwendigkeit als Naturgesetz oder Sollensgesetz oder als irgendeine erkannte Ordnung gedacht wird. Das Fatum entzieht sich nicht nur aller bestimmten Denkbarkeit, sondern wird im Ausgesagtsein selbst widersürüchlich: „Höchster Fatalismus, doch identisch mit dem Zufall und dem Schöpferischen (keine Wiederholung in den Dingen, sondern erst zu schaffen)“ (14,301).
http://books.google.at/books?id=-I8u8sn-_UMC&pg=PA...